Oberlandesgericht Stuttgart schützt Meinungsfreiheit des DIG

Berufung gegen Eilantrag wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung

Das OLG Stuttgart hat die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Ulm vom 27.05.2021 – Az.: 4 O 162/21 zurückgewiesen. Somit bestätigt das OLG Stuttgart das Urteil vom 04.05.2022 – Az.: 4 U 181/21 des Landgerichts Ulm. Schon in der ersten Instanz konnten unsere Rechtsanwälte der Media Kanzlei Frankfurt den Deutsch-Israelische Gesellschaft e.V. (DIG) erfolgreich vertreten.

Die Parteien, der DIG als Mandant der Media Kanzlei und die Gegner – eine Aktivistin, ein Journalist und ein Verein- streiten im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens über Ansprüche auf Unterlassung wegen Äußerungen in einem von der Verfügungsbeklagten mit unterzeichneten Mail und einem verlinkten Blogbeitrag.

Wie wird eine Persönlichkeitsverletzung festgestellt?

Im Wesentlichen ging es darum festzustellen, wann es sich bei Aussagen um Tatsachenbehauptungen oder Meinungsäußerungen handelt. Die Meinungsfreiheit, Art 5 Abs.1 GG schützt grundsätzlich Meinungsäußerungen und Tatsachen. Hierunter fallen auch kritische Meinungsäußerungen, sofern diese keine Persönlichkeitsrechte verletzen. Dabei nimmt das Gericht eine umfangreiche Interessenabwägung vor. Hierbei werden zwischen der Schwere der Persönlichkeitsbeeinträchtigung durch die Äußerung einerseits und der Einbuße an Meinungsfreiheit durch die Untersagung der Äußerung andererseits abgewogen.

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der beanstandeten Äußerungen und deren Unterlassung als Eingriff in das Grundrecht der Meinungsfreiheit ist zunächst, wie der Sinngehalt der beanstandeten Äußerungen bei der gebotenen objektiven Betrachtung zu verstehen ist und in der Folge deren Einordnung als Werturteil oder Tatsachenbehauptung. Führt eine Tatsachenbehauptung zu einer Rechtsverletzung, hängt die rechtliche Bewertung vom Wahrheitsgehalt der Äußerung ab. Wahre Tatsachen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre Tatsachenäußerungen genießen den Grundrechtsschutz dagegen nicht (BVerfG, Beschluss vom 07.12.2011 – 1 BvR 2678/10).

Persönlichkeitsverletzung durch unzulässigen Antisemitismusvorwurf?

Die Verfügungskläger fühlen sich von den Äußerungen bzw. dem in Bezug genommenen Beitrag als Antisemiten bzw. als Unterstützer und Verbreiter antisemitischer Positionen diffamiert und sehen sich hierdurch in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Die Parteien streiten sich darüber, ob die Verfügungskläger durch die Ausführungen in dem Mail als Antisemiten beziehungsweise Unterstützer entsprechender Positionen diffamiert werden oder es sich um hinzunehmende Meinungsäußerungen im Rahmen eines Diskussionsangebots handelt.

So bewertet das OLG Stuttgart dies:

“Die Gesamtabwägung der berührten Rechtspositionen führt im vorliegenden Fall letztlich dazu, dass zumindest nicht davon ausgegangen werden kann, dass das Interesse der Verfügungskläger am Schutz ihrer jeweiligen Persönlichkeit das von der Verfügungsbeklagten verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf Meinungsfreiheit überwiegt.”

Zur Freiheit der Meinungsäußerung sagt das Gericht weiter: “Es ist allerdings nicht vorbehaltlos gewährleistet, sondern wird nach Art. 2 Abs. 1 GG durch die verfassungsmäßige Ordnung einschließlich der Rechte anderer beschränkt. Zu diesen Rechtengehört auch die Freiheit der Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, die wiederum ebenfalls nicht vorbehaltlos garantiert ist, sondern ihre Schranken nach Art. 5 Abs. 2 GG unter anderem in den allgemeinen Gesetzen und in dem Recht der persönlichen Ehre findet (vgl. BVerfGE 114, 339; BVerfG, Beschluss vom 07.12.2011 – 1 BvR 2678/10). Damit ist ein „Konflikt“ zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der einen Person mit dem Recht auf Meinungsfreiheit einer anderen Person angelegt, für den ein angemessener Ausgleich gefunden werden muss.”

Das Gericht konnte feststellen, dass es sich bei den von der Verfügungsklägern beanstandeten Äußerungen durchgehend um als Meinungsäußerungen zu qualifizierende Äußerungen handelt, die einen weiten Schutz genießen, ohne dass es dabei auf deren Begründetheit, Werthaltigkeit oder Richtigkeit ankäme.

“Somit hat die zulässige Berufung der Verfügungskläger gegen das Urteil des Landgerichts Ulm vom 27.05.2022 in der Sache weder mit dem Hauptantrag noch mit den Hilfsanträgen Erfolg, weil sich im Ergebnis ein rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Verfügungskläger nicht feststellen lässt.”

Kanzlei für Meinungsfreiheit: Media Kanzlei

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