Nach öffentlicher Auseinandersetzung: Klage gegen Mandanten abgewiesen

Das Landgericht Wiesbaden hat eine Klage gegen unseren Mandanten abgewiesen. Unser Mandant ist Vorsitzender eines Vereins, in dem auch der Kläger Mitglied war.

Verbreitung unwahrer Informationen

Zwischen den beiden Parteien fand ein reger E-Mail-Austausch statt. Im Zuge dieses E-Mail-Verkehrs gab es Auseinandersetzungen darüber, dass der Kläger immer wieder falsche Informationen verbreitet haben soll. Schließlich wurde er von der Mitgliederversammlung aus dem Verein ausgeschlossen.

Facebook-Beiträge und Zeitungsartikel

Auf die E-Mails folgten Zeitungsartikel und Facebook-Beiträge, in denen die Parteien sich zu den Vorfällen äußerten. Die Einbeziehung der Öffentlichkeit ging zunächst von dem Kläger aus. Als unser Mandant allerdings schließlich ebenfalls öffentlich Stellung bezog und auf die Äußerungen des Klägers reagierte, forderte dieser unseren Mandanten zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auf. Er war der Auffassung, er habe einen Unterlassungsanspruch gegen unseren Mandanten wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

Media Kanzlei weist Unterlassungsansprüche zurück – Klage beim LG Wiesbaden

Die Abgabe einer Unterlassungserklärung haben wir im Namen unsere Mandanten zurückgewiesen. Daraufhin reichte die Gegenseite Klage beim LG Wiesbaden ein und begehrte die Unterlassung zahlreicher Äußerungen. Das LG Wiesbaden wies die Klage als unbegründet zurück.

Meinungsäußerung

Die Äußerungen werden von dem LG Wiesbaden als Meinungsäußerungen bzw. als sog. Mischtatbestände eingeordnet, bei denen der Schwerpunkt der Äußerung auf dem Meinungselement liegt:

„Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 17.11.2009, Az: VI ZR 226/08, NJW 2010, 760 Rn. 15) ist zunächst zu klären, ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung bzw. Werturteil einzustufen ist. Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist. Dabei ist zu beachten, dass sich der Schutzbereich des Art. 5 GG auch auf die Äußerung von Tatsachen erstreckt, soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können, sowie auf Äußerungen, in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt werden (vgl. BGH, Urteil vom 17.11.2009, Az: VI ZR 226/08, NJW 2010, 760 Rn. 15). Wo Tatsachenbehauptungen und Wertungen zusammenwirken, wird grundsätzlich der Text in seiner Gesamtheit von der Schutzwirkung des Art. 5 GG erfasst. Im Falle einer derartigen engen Verknüpfung der Mitteilung von Tatsachen und ihrer Bewertung darf der Grundrechtsschutz der Meinungsfreiheit nicht dadurch verkürzt werden, dass ein tatsächliches Element aus dem Zusammenhang gerissen und isoliert betrachtet wird. So dürfen aus einer komplexen Äußerung nicht Sätze oder Satzteile mit tatsächlichem Gehalt herausgegriffen und als unrichtige Tatsachenbehauptung untersagt werden, wenn die Äußerung nach ihrem – zu würdigenden – Gesamtzusammenhang in den Schutzbereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gem. Art. 5 GG fallen kann und in diesem Fall eine Abwägung zwischen den verletzten Grundrechtspositionen erforderlich wird (vgl. BGH, Urteil vom 17.11.2009, Az: VI ZR 226/08, NJW 2010, 760 Rn. 15 m.w.N.).

Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Beschluss vom 22.06.1982 (Az: 1 BvR 1376/79, NJW 1983, 1415) unter anderem ausgeführt, dass der Begriff der “Meinung” in Art. 5 GG grundsätzlich weit zu verstehen ist. Sofern eine Äußerung durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, fällt sie in den Schutzbereich des Grundrechts. Das muss auch dann gelten, wenn sich diese Elemente, wie häufig, mit Elementen einer Tatsachenmitteilung oder -behauptung verbinden oder vermischen, jedenfalls dann, wenn beide sich nicht trennen lassen und der tatsächliche Gehalt gegenüber der Wertung in den Hintergrund tritt. Würde in einem solchen Fall das tatsächliche Element als ausschlaggebend angesehen, so könnte der grundrechtliche Schutz der Meinungsfreiheit wesentlich verkürzt werden (vgl. BVerfG aaO).

Bei der Frage, ob eine Äußerung ihrem Schwerpunkt nach als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil anzusehen ist, kommt es entscheidend auf den Gesamtkontext der fraglichen Äußerung an (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.03.2017, Az.: 1 BvR 3085/15, NJW-RR 2017, 1003).“ (LG Wiesbaden in seinem Urteil vom 05.01.2022)

Der Kläger habe die zwischen ihm und unserem Mandanten geführte Auseinandersetzung bzw. die Konflikte um die Belange des Vereins durch seinen Artikel (…)  auf einer öffentlichen Ebene ausgetragen und mit drastischer Wortwahl und gravierenden Vorwürfen den Vorstand (…) und somit auch den Beklagten öffentlich angegriffen. Auch müsse der Kläger, der (…) bewusst den Weg gewählt hat, die Öffentlichkeit über die seiner Ansicht nach „unverschämten“ Vorkommnisse (…) zu informieren, habe mit einer scharfen Reaktion der in dieser Weise angegriffenen Vorstandsmitglieder nicht nur rechnen müssen, sondern müsse sie unter Berücksichtigung der erwähnten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch hinnehmen.

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