
Media Kanzlei siegt in urheberrechtlicher Unterlassungsstreitigkeit um Meilensteintafeln
von Media Kanzlei
Das Landgericht Frankfurt hielt durch Urteil (2-03 0 410/18) am 26.11.2020 ein ergangenes Versäumnisurteil aufrecht und stellte damit fest, dass die urheberrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüche des Beklagten gegen unsere Mandantin nicht bestehen.
Anlass für die gerichtliche Klärung war ein Abmahnschreiben, welches unserer Mandantin zuging und durch das verschiedene Rechtsverletzungen geltend gemacht wurden. Unsere Mandantin und der Abmahnende vertreiben beide selbstgestaltete Meilensteintafeln im angesagten Chalkboard-Look. Kunden beider Seiten können dabei Tafeln gestalten lassen, die wichtige Meilensteine der Entwicklung des eigenen Kindes in graphisch ansprechender Form dokumentieren.
Unterteilt sind die Tafeln in der Regel horizontal und vertikal, wobei der Name des Kindes die Überschrift bildet und „Meilensteine“ wie das Alter, die Größe, das Gewicht, die Anzahl der Zähne, etc. die darunter liegenden Spalten ausfüllen. Weiter ausgestaltet werden die Informationen durch Verzierungen wie Banner, Wimpelketten, Punkte oder Sterne sowie den gezielten Einsatz bestimmter Schriftarten und Farben.
Orientiert haben sich beide Seiten an bereits vorhandenen Produkten anderer Anbieter sowie DIY-Anleitungen, die im Internet aufzufinden sind.
Die Endresultate sehen sich sehr ähnlich, weisen aber doch Unterschiede in der konkreten Umsetzung, insb. der Themenauswahl, der Verzierung und der Inhalte auf.
Dennoch wurde unsere Mandantin aufgefordert, eine Unterlassungserklärung dafür abzugeben, nicht mehr die nahezu identische Gestaltung wie der Abmahnende bei ihren Meilensteintafeln zu verwenden. Hiergegen gingen die Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen der Media Kanzlei Frankfurt sodann erfolgreich im Wege der negativen Feststellungsklage vor.
Ein urheberrechtlicher Schutz für die konkrete Gestaltung der Meilensteintafeln besteht grundsätzlich; eine Urheberrechtverletzung konnte aber nicht festgestellt werden.
Dazu führte das Gericht zutreffend aus, dass Werke der angewandten Kunst grundsätzlich dem Schutz des Urheberrechts unterliegen können. Es genügt dabei, dass sie eine Gestaltungshöhe erreichen, die es nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise rechtfertigt, von einer „künstlerischen" Leistung zu sprechen (BGH GRUR 2014, 175 Rn. 26 - Geburtstagszug). Bei der Beurteilung ist zu berücksichtigen, dass eine künstlerische Leistung nur bei Gestaltungen angenommen werden kann, bei denen ein bestehender künstlerischer Gestaltungsspielraum ausgeschöpft wurde. Sind die Gestaltungsmerkmale dagegen durch den bloßen Gebrauchszweck bedingt, entsteht kein urheberrechtlicher Schutz. Die untere Grenze der Schutzfähigkeit bildet auch hier die sog. „kleine Münze“.
Bei der Gestaltung solcher Meilensteintafeln besteht ein großer Gestaltungsspielraum dahingehend, wie die vom Kunden eingegebenen Informationen angeordnet und konkret dargestellt werden; welche Farben, Schriften oder Verzierungen eingesetzt und welche Themen ausgewählt werden. Dementsprechend kann eine konkrete Meilensteintafel durchaus eine gewisse Individualität - jedenfalls unter Berücksichtigung des Schutzbereichs der „kleinen Münze" - aufweisen. Der hieraus resultierende Schutz ist aber gemessen an der eher geringen Schöpfungshöhe ebenfalls gering und verbietet nur den nahezu identischen Einsatz der unterschiedlichen Elemente.
Der Beklagte hat zwar einzelne Tafeln und damit konkrete Gestaltungen zum Gegenstand seiner Widerklage gemacht, gegenübergestellt wurden allerdings die Produkte unserer Mandantin, die nur ähnlich und nicht identisch waren. Grundlage des Schutzes sollte aus Sicht des Beklagten somit nicht die konkrete Gestaltung, sondern die bloße Gestaltungsidee sein.
Die bloße Idee für ein Werk reicht aber in jedem Fall nicht aus für die Schutzfähigkeit. Dieser Grundsatz gilt auch für die Idee einer bestimmten Gestaltungsweise bzw. den Schutz einer Stilrichtung.
Die grobe Aufteilung der Meilensteintafeln und die Anordnung der Kategorien gehören dabei dem vorbekannten Formenschatz an, weil mit Erfolg dargelegt werden konnte, dass diese Art von Tafeln von einer Vielzahl von Anbietern auf Plattformen wie Facebook, Instagram oder Etsy angeboten werden. Hierfür kann daher ohnehin kein Schutz – auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Sammelwerks iSv. § 4 Abs. 1 UrhG – erlangt werden.
Dies zu Grunde gelegt, ist der Gesamteindruck durch die Gegenüberstellung der Tafel beider Seiten bei dem nur geringen Schutzumfang nicht hinreichend übereinstimmend. Vielmehr fallen auch die Unterschiede deutlich ins Auge. Eine Verletzungshandlung wurde daher zu Recht verneint.
Auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche des Beklagten wegen der Nachahmung eines Leistungsergebnisses eines Mitbewerbers oder einer unangemessenen Rufausbeutung gem. § 4 Nr. 3 lit. a) und b) UWG bestehen nicht.
Vom Gericht offen gelassen wurde, ob die Produkte des Beklagten wettbewerblich eigenartig sind und ob eine Nachahmung vorliegt. Denn jedenfalls stellte das Verhalten der Klägerin kein unlauteres Verhalten dar.
Da auf dem Markt eine Vielzahl von Produkten unterschiedlicher Anbieter erhältlich ist, besteht überhaupt nicht die Gefahr einer Herkunftstäuschung durch eine Nachahmung. Den Produkten des Beklagten fehlt es dafür bereits an einer hinreichenden Bekanntheit, die einen Rückschluss auf deren betriebliche Herkunft zuließe. Ist dem angesprochenen Verkehrskreis nicht bekannt, dass es ein Original gibt, scheidet eine Herkunftstäuschung in aller Regel schon begrifflich aus.
Aus diesem Grund kann sich der Beklagte auch nicht darauf berufen, dass die Wertschätzung seiner Produkte unangemessen ausgenutzt oder beeinträchtigt wurde, da sich die Beurteilung insbesondere am Grad der Anlehnung sowie der Stärke des Rufs orientiert.
Denn hierbei war wiederrum zu berücksichtigen, dass sich die die Produkte des Beklagten am Vorbekannten orientieren und dementsprechend die wettbewerbliche Eigenart der Produkte — ähnlich wie deren urheberrechtliche Schutzfähigkeit — allenfalls als gering einzuschätzen ist und ferner bei den Produkten unserer Mandantin durchaus Unterschiede zu erkennen sind.
Im Ergebnis hat das Gericht daher zutreffend festgestellt, dass auch keine wettbewerbsrechtlichen Ansprüche des Beklagten bestehen.
Wenn auch Sie auf Plattformen wie Etsy, Instagram, Facebook und Co. Gestaltungen jeglicher Art – möglicherweise angelehnt an derzeit beliebte Designs wie Handlettering oder Chalkboards – vertreiben, beraten und vertreten wir Sie gerne in allen urheberrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Angelegenheiten.
Bildquelle: https://pixabay.com/de/photos/problem-lösung-hilfe-support-2731501/
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