Geldentschädigung für Polizistin wegen unzulässiger Verbreitung von Aufnahmen in Werbevideo

Das OLG Frankfurt hat einer Polizistin eine Geldentschädigung i. H. v. 2.000 Euro zugesagt.

Hintergrund der Entscheidung war ein Musikvideo, in dem die Polizistin für etwa zwei Sekunden lang zu sehen war. Die Betroffene wurde ohne ihr Wissen und ohne ihre Einwilligung bei einem dienstlichen Einsatz gefilmt. Diese Aufnahmen wurden dann zu Werbezwecken in einem Musikvideo auf YouTube veröffentlicht.

Persönlichkeitsrechtsverletzung durch öffentliche Zurschaustellung der Aufnahmen

Die Verbreitung der Aufnahmen der Polizisten waren unzulässig. Die Betroffene wird durch diese öffentliche Zurschaustellung in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt.

„Das zivilrechtliche allgemeine Persönlichkeitsrecht wird wie das verfassungsrechtliche Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit aus Art. 1, 2 GG, teilweise auch zusätzlich aus der Grundrechtscharta und der Europäischen Menschenrechtskonvention hergeleitet. Es ist als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB allgemein anerkannt (vgl. Palandt/Sprau, Kommentar zum BGB, 79. Auflage 2020, § 823 Rz. 19 m.w.N. aus Rechtsprechung und Literatur). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht findet seine Ausprägung in einer Vielzahl spezialgesetzlicher Regelungen mit Schutzzweckcharakter, den sogenannten besonderen Persönlichkeitsrechten, wozu auch die Vorschriften gemäß §§ 22 ff. des Kunsturhebergesetzes (KUG) gehören. Die genannten Vorschriften schützen das Recht des eigenen Bildes (zum verfassungsrechtlichen Schutz vgl. BVerfG, NJW 08, 1793, 12, 756).

Zivilrechtlich ist die Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung eines Bildes des jeweils Betroffenen nach §§ 22, 23 KUG zu beurteilen. Nach § 22 KUG ist die Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung eines Bildes des Betroffenen im Grundsatz nur mit der Zustimmung der abgebildeten Person zulässig und ohne Vorliegen der Zustimmung rechtswidrig, sofern nicht eine der Ausnahmen des § 23 KUG eingreift (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., § 823 Rz. 120 ff.; BGH, NJW 09, 1499, 10, 2432).

Die Klägerin hat unstreitig weder in die Filmaufnahme ihrer Person noch in die Verbreitung des Musikvideos eingewilligt. Die Verbreitung bzw. Zurschaustellung des Bildnisses der Klägerin durch das in das Netzstellen des Musikvideos erweist sich als rechtswidrig, da keiner der von den Beklagten zur Rechtfertigung der Verbreitung des mit dem Bildnis der Klägerin versehenen Musikvideos angeführten Ausnahmetatbestände nach § 23 Abs. 1 KUG eingreift.“ (OLG Frankfurt a. M. Urt. v. 19.5.2021 – 13 U 318/19, GRUR-RS 2021, 13764 Rn. 18-20, beck-online)

Geldentschädigung wegen unzulässiger Verbreitung von Aufnahmen

Nicht jede Verletzung des Persönlichkeitsrechts begründet auch einen Geldentschädigungsanspruch. Voraussetzung für eine Geldentschädigung ist nach der Rechtsprechung des BGH (BGH; NJW 00, 2105, 2195, 05, 215, 14, 2029), „dass es sich um eine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts handeln muss, bei der die Beeinträchtigung nach Art der Verletzung nicht in anderer Weise, also etwa durch das bloße Unterlassen weiterer Rechtsverletzungen, befriedigend ausgeglichen werden kann. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hängt von der – auch verfassungsrechtlich gebotenen (BVerfG, VersR 16, 1322) – Beurteilung der gesamten Umstände des Falles ab (vgl. auch BGH, NJW 12, 1728).“ (OLG Frankfurt a. M. Urt. v. 19.5.2021 – 13 U 318/19, GRUR-RS 2021, 13764 Rn. 29, beck-online)

Entschädigungsanspruch durch OLG Frankfurt bestätigt

Zuvor hatte das Landgericht Darmstadt der Klage auf Geldentschädigung umfassend stattgegeben und der Polizistin eine Geldentschädigung i. H. v. 5.000 Euro zugesprochen. Das OLG bestätigte die Entscheidung nun, änderte aber die Höhe der Geldentschädigung:

„Da keiner der Ausnahmetatbestände des § 23I KUG vorliege, sei die Verbreitung und öffentlichen Zurschaustellung des Bildnisses der Klägerin mangels ihrer Zustimmung nach § 22 KUG unzulässig. Die Klägerin sei keine Person, die im Blickfeld der Öffentlichkeit stehe und ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit rechtfertige. Auch ihr Einsatz als Polizeibeamtin mache sie nicht zum Teil eines zeitgeschichtlichen Ereignisses iSd § 23I Nr. 1 KUG. Das Musikkonzert der Beklagten weise in Bezug auf die Tätigkeit und das Verhalten der Klägerin keine Besonderheiten auf, die im Rahmen der öffentlichen Meinungsbildung eine persönliche Identifizierbarkeit der Klägerin erforderlich machen könnten.

Die Klägerin sei in der Filmsequenz auch kein zufälliges „Beiwerk (…) einer (…) Örtlichkeit“ iSd § 23I Nr. 2 KUG, sondern gewollt und zielgerichtet abgebildet, was sich insbesondere in der späteren Bearbeitung mittels Zeitlupeneinstellung zeige. Die Verbreitung von Bildern von Polizeibeamten im Einsatz sei prinzipiell nach den gleichen Regeln zu beurteilen wie die Verbreitung von Bildern von Privatpersonen. Sie dürften nur dann einzeln aufgenommen werden, wenn ihr Verhalten Anlass dazu gebe. Ein solches Verhalten liege hier jedoch nicht vor.

Zwar löse nicht jede Verletzung des Rechts am eigenen Bild einen Geldentschädigungsanspruch aus. Hier aber sei er aufgrund des Ausmaßes der Verbreitung und des Umstandes gerechtfertigt, dass die Veröffentlichung der Aufnahmen primär der Beklagten zur Bewerbung ihres Musikalbums diene. Da es sich aber um eine sehr kurze und in keiner Weise ehrenrührige oder verächtlich machende Darstellung der Klägerin handelt, hält das OLG eine Entschädigung von 2.000 EUR für angemessen und ausreichend.“ (GRUR-Prax 2021, 383, beck-online)

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