Catcalling und Hatespeech – Durchsetzung von 6.000,00 EUR Geldentschädigung für Luisa Neubauer

Wenn Catcalling auf Hatespeech trifft, folgt Unterlassung und Geldentschädigung

Mit gleich zwei aktuellen Problemen der sozialen Medien musste sich im Fall von Luisa Neubauer die 3. Zivilkammer des Landgericht Frankfurt am Main beschäftigen: Catcalling und Hatespeech zusammen in einem einzigen Kommentar.

Der Schriftsteller und gesellschaftspolitische Redner Akif Pirincci kommentierte ein auf Facebook veröffentlichtes Bildnis unserer Mandantin mit folgenden Worten:

 

„Ja, würde ich sofort ficken, auch wenn ich mir danach stundenlang das Klima-Zeug anhören müßte“

 

Luisa Neubauer setzte gemeinsam mit den Anwältinnen und Anwälte der Media Kanzlei in Frankfurt und unterstützt durch die Organisation HateAid erfolgreich einen Unterlassungsanspruch sowie einen Geldentschädigungsanspruch durch.

Begründung des LG Frankfurt am Main stützt Rechtsauffassung der Media Kanzlei

Das Landgericht Frankfurt am Main bestätigte in seinem Urteil die bereits zuvor erlassene einstweilige Verfügung und sprach unserer Mandantin eine Geldentschädigung in Höhe von 6.000 € zu.

Den Ausführungen der Media Kanzlei entsprechend ging auch das Landgericht davon aus, dass die Äußerung des Beklagten die Grenze zur rechtswidrigen Schmähkritik überschreitet ohne, dass es einer Abwägung zur Meinungsfreiheit bedurfte.

Ein wichtiger Erfolg in Sachen Catcalling. So begründet das Gericht den Unterlassungsanspruch und letztlich auch den Geldentschädigungsanspruch damit, dass unsere Mandantin zum bloßen Sexualobjekt reduziert und besonders schwer in ihrer Intimsphäre und ihrem sexuellen Selbstbestimmungsrecht verletzt worden ist. Es handelt sich bei dem Kommentar demzufolge um eine sexualisierte Beleidigung.

Zur Höhe der Geldentschädigung, die – wie beantragt – auf 6.000 € festgelegt wurde, führte das Gericht aus, dass der Beklagte erkennen müsse, dass sich die offenkundig unzulässigen und besonders schweren Verletzungen des Persönlichkeitsrechts nicht lohnen. Der Geldentschädigung komme insoweit eine präventive und verhaltenssteuernde Wirkung zu. Ebenso erklärte das Gericht den Antrag auf Ersatz der Rechtsverfolgungskosten in Höhe von knapp 2.000 € für begründet.

Das vollständige Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main Az.: 2-03 O 329/20 können Sie hier nachlesen:

 

“[…] Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Unterlassung und auf Geldentschädigung aufgrund einer Äußerung auf dem sozialen Netzwerk Facebook.

Die Klägerin ist Klimaaktivistin und eine der Hauptorganisatorinnen der Klimabewegung „Fridays for Future“.

Der Beklagte ist Schriftsteller, der sich auch als gesellschaftspolitischer Kommentator und Redner betätigt.

Im Januar 2020 veröffentlichte der Politiker Eckhard Mackh für jeden einsehbar auf dem sozialen Netzwerk Facebook eine Bildaufnahme der Klägerin mit folgendem Begleittext:

„Süßes Foto, oder etwa nicht?“ (Anlage MK 1, Bl. 23 d. A.).

Der Beklagte kommentierte die Bildaufnahme öffentlich und für jeden einsehbar wie folgt:

„Ja, würde ich sofort ficken, auch wenn ich mir danach stundenlang das Klima-Zeug anhören müßte“ (Anlage MK 2, Bl. 24 d. A.).

Auf den Kommentar von Michael Kouklakis, in dem dieser schrieb „Wenn man Fettelchen mag, klar“ (Anlage MK 3, Bl. 25 d. A.), antwortete der Beklagte wie folgt:

„Nö, genau richtig. Hat halt bäuerliche Oberweite. Lecker!“ (Anlage MK 3, Bl. 25 d. A.).

Der Ausgangspost des Herrn Mackh mitsamt Kommentaren ist mittlerweile gelöscht.

[…]

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.

I. Die Klägerin kann von dem Beklagten aus den §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG Unterlassung der angegriffenen Äußerung verlangen. Denn die streitgegenständliche Äußerung verletzt die Klägerin rechtswidrig in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.

1. Wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Um- stände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGH NJW 2016, 789 Rn. 20; NJW 2016, 56 Rn. 29; NJW 2014, 2029 Rn. 22; jew. m.w.N.). Hier ist das Schutzinteresse der Klägerin aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK abzuwägen.

An der Aufrechterhaltung und Weiterverbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen besteht auch unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit kein schützenswertes Interesse (BVerfG NJW 2012, 1643 Rn. 33 – Grüne Gentechnik; BGH NJW 2016, 56 Rn. 31; BeckOK BGB/Bamberger/Förster, Stand 08/2021, § 12 Rn. 299). Wahre Tatsachenbehauptungen müssen dagegen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind (BGH NJW 2013, 229 Rn. 12 – Gazprom-Manager). Meinungsäußerungen, die durch Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens, des Meinens geprägt sind, genießen einen sehr weiten Schutz. Bei wertenden Äußerungen treten die Belange des Persönlichkeitsschutzes gegenüber der Meinungsfreiheit im Rahmen der Abwägung regelmäßig zurück.

Bei herabsetzenden Äußerungen, die sich als Formalbeleidigung oder Schmähung darstellen, ist ausnahmsweise keine Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit und dem Persönlichkeitsrecht notwendig, weil die Meinungsfreiheit regelmäßig hinter dem Ehrenschutz zurücktreten wird (BVerfG NJW 2019, 2600 Rn. 18). Diese für die Meinungsfreiheit einschneidende Folge gebietet es aber, hinsichtlich des Vorliegens von Formalbeleidigungen und Schmähkritik strenge Maßstäbe anzuwenden (vgl. BVerfGE 93, 266, 294). Die Qualifikation einer ehrenrührigen Aussage als Schmähkritik und der damit begründete Verzicht auf eine Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Ehre fordern regelmäßig die Berücksichtigung von Anlass und Kontext der Äußerung (vgl. BVerfG, NJW 2005, 3274; NJW 2019, 2600 Rn. 18 m.w.N.).

Eine Schmähkritik liegt nur vor, wenn es bei einer Äußerung nicht mehr um die Auseinandersetzung in der Sache geht, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine Äußerung jeden sachlichen Bezug vermissen lässt oder der Sachbezug durch den diffamierenden Charakter völlig in den Hintergrund gedrängt wird und die Äußerung damit kein adäquates Mittel des Meinungskampfs mehr darstellt (BVerfG, NJW 1995, 3303, 3304 – „Soldaten sind Mörder“). Die Beurteilung, ob eine Schmähkritik vorliegend, erfordert regelmäßig, den Anlass und den Kontext der Äußerung zu beachten (vgl. BVerfGE 93, 266, 303). Eine isolierte Betrachtung eines einzelnen Begriffs kann allenfalls ausnahmsweise dann die Annahme eine der Abwägung entzogenen Schmähung tragen, wenn dessen diffamierender Gehalt so erheblich ist, dass der Ausdruck in jedem denkbaren Sachzusammenhang als bloße Herabsetzung des Betroffenen erscheint und daher unabhängig von seinem konkreten Kontext stets als persönlich diffamierende Schmähung aufgefasst werden muss, wie dies möglichweise bei der Verwendung besonders schwerwiegender Schimpfwörter – etwa aus der Fäkalsprache – der Fall sein kann (BVerfG NJW 2009, 3016 Rn. 35).

2. Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die hier streitgegenständliche Äußerung des Beklagten „Ja, würde ich sofort ficken, auch wenn ich mir danach stundenlang das Klima-Zeug anhören müßte“ (Anlage MK 2, Bl. 24 d. A.) von wertenden und meinenden Elementen geprägt und somit eine Meinungsäußerung. Diese Meinungsäußerung überschreitet aber die Grenze zur Schmähkritik und ist damit unabhängig von einer Abwägung rechtswidrig. Selbst wenn man das Vorliegen von Schmähkritik verneinen würde, müsste die Meinungsfreiheit des Beklagten hinter das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin zurücktreten. 

Die Äußerung mag zwar durchaus einen politischen Anlass gehabt haben, wie sich aus dem Kontext der Veröffentlichung der Bildaufnahme und dem Zusatz „auch wenn ich mir danach stundenlang das Klima-Zeug anhören müßte“ (Anlage MK 2, Bl. 24 d. A.) ergibt. In der Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalls ist das Gericht aber der Auffassung, dass der Sachbezug durch den diffamierenden Charakter völlig in den Hintergrund gedrängt wird. Hierbei stützt sich das Gericht insbesondere auf die vulgäre und sexistische Sprache der streitgegenständlichen Äußerung („ficken“, Anlage MK 2, Bl. 24 d. A.), die die Klägerin zum bloßen Sexualobjekt reduziert und besonders schwer in ihrer Intimsphäre und ihrem sexuellen Selbstbestimmungsrecht verletzt. Es handelt sich um eine sexualisierte Beleidung, die allein der Diffamierung und Einschüchterung der Klägerin dient. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sich die Aussage auf die Beleidigung der Klägerin beschränkt und keine sachlichen Erwägungen oder eine thematische Auseinandersetzung in der Sache folgen. Vielmehr wird die Klägerin im Rahmen einer von ihr nicht genehmigten Bildveröffentlichung auf dem sozialen Netzwerk Facebook zum Objekt frauenverachtender und entwürdigender Anwürfe gemacht.

Ob und inwiefern das Wort „ficken“ mittlerweile enttabuisiert und Eingang in die deutsche Alltags- und Umgangssprache gefunden habe, wie es der Beklagte behauptet, ist nicht entscheidend. Denn der Beklagte bestätigt selbst den vulgären und sexuellen Charakter seiner Äußerung, indem er auf den Kommentar des Herrn Kouklakis („Wenn man Fettelchen mag, klar“, Anlage MK 3, Bl. 25 d. A.) wie folgt antwortet: „Hat halt bäuerliche Oberweite. Lecker!“ (Anlage MK 3, Bl. 25 d. A.). Eine solche Auslegung verdeutlicht auch die Aussage des Herrn Mackh in seinem Begleittext („Süßes Foto, oder etwa nicht?“, Anlage MK 1, Bl. 23 d. A.), die allein auf die äußerlichen Merkmale der Klägerin abstellt. Die Klägerin wird öffentlich als bloßes Objekt der sexuellen Begierde dargestellt. Hierdurch wird die Klägerin in einer solchen Art und Weise diffamiert, dass nur noch die persönliche Schmähung im Vordergrund steht und eine etwaige sachbezogene Auseinandersetzung aus dem Blickfeld geraten ist. Bei einer solchen Diffamierung wird ungeachtet des Anlasses der Äußerung die weit gezogene Grenze zulässiger Meinungsäußerungen überschritten und der Ausnahmetatbestand einer nicht mehr legitimierbaren Schmähkritik erreicht.

Auch im Rahmen einer Abwägung müsste die Meinungsfreiheit des Beklagten im vorliegenden Fall hinter das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin zurücktreten. Wie bereits dargetan äußert der Beklagte keine sachliche Kritik an der Klimabewegung, sondern reduziert die Klägerin allein auf ihr äußerliches Erscheinungsbild. Ein irgendwie gearteter Zusammenhang zu einer Auseinandersetzung in der Sache kann hierin nicht gesehen werden. Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Kommentar öffentlich für jedermann einsehbar war, sodass er von einer unüberschaubar großen Vielzahl an Personen gelesen werden konnte und geeignet ist, den Ruf der Klägerin erheblich zu beschädigen. Aus den genannten Gründen tritt eine etwaige Kritik an der Klimabewegung derart in den Hintergrund, dass nur noch der ehrverletzende Charakter der Äußerung bestehen bleibt.

3. Die nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB erforderliche Wiederholungsgefahr liegt vor. Die Wiederholungsgefahr ist in der Regel zu bejahen und wird durch die begangene Rechtsverletzung indiziert (BGH GRUR 1998, 1045, 1046 – Brennwertkessel). Die Behauptung des Beklagten, dass die hiesige Angelegenheit für ihn beendet sei, genügt nicht, um die Vermutung der Wiederholungsgefahr zu widerlegen. Denn der Beklagte unterschrieb insbesondere nicht die von der Klägerin geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung.

II. Die Klägerin kann auch von dem Beklagten aus den §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG eine Geldentschädigung in Höhe von 6.000,00 Euro verlangen. Denn die streitgegenständliche Äußerung greift besonders schwer in den Kern des Persönlichkeitsrechts der Klägerin ein und rechtfertigt eine Geldentschädigung.

1. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung begründet eine schuldhafte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine derart schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Dabei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen. Bei gebotener Gesamtwürdigung ist auch ein erwirkter Unterlassungstitel zu berücksichtigen; der Titel und die mit ihm verbundenen Vollstreckungsmöglichkeiten können den Geldentschädigungsanspruch beeinflussen und im Zweifel sogar ausschließen, da die Zubilligung einer Geldentschädigung bei einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung ihre sachliche Berechtigung in dem Gedanken findet, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde (vgl. z.B. BGH, GRUR 2015, 816 Rn. 33 m.w.N.; NJW 2016, 789 Rn. 38; NJW-RR 2016, 1136 Rn. 9 – Beleidigung per SMS).

Die Geldentschädigung bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen soll dem Verletzen unter anderem Genugtuung für den erlittenen Eingriff geben. Daneben findet sie ihre sachliche Berechtigung in dem Gedanken, dass das Persönlichkeitsrecht gegenüber erheblichen Beeinträchtigungen anderenfalls ohne ausreichenden Schutz bliebe. Schließlich dient sie der Prävention (vgl. z.B. BGH GRUR 2014, 693 Rn. 38 m.w.N. – Sächsische Korruptionsaffäre). 

2. Unter Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls eine Geldentschädigung in Höhe von 6.000,00 Euro zuzuerkennen, um den durch die Klägerin erlittenen Grundrechtseingriff abzugelten.

a) Der durch die streitgegenständliche Äußerung bedingte Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin wiegt besonders schwer. Es handelt sich um eine sexualisierte Beleidigung, die allein der Diffamierung und Einschüchterung der Klägerin dient. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sich die Aussage auf die Beleidigung der Klägerin beschränkt und keine sachlichen Erwägungen oder eine thematische Auseinandersetzung folgen. Die Klägerin wird vielmehr als bloßes Objekt der sexuellen Begierde dargestellt. Dies verletzt die Klägerin besonders schwer in ihrer Intimsphäre und ihrem sexuellen Selbstbestimmungsrecht. Die Äußerung war auch für jedermann frei abrufbar im Internet und damit größtmöglicher Öffentlichkeit ausgesetzt. Im Rahmen der Gesamtwürdigung berücksichtigt das Gericht auch das Ver- halten des Beklagten im Nachgang der Äußerung. Die Reaktion des Beklagten auf die außer- gerichtlichen Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin bezeugen, dass sich der Beklagte dem Unrecht seiner Äußerung nicht bewusst ist, indem er seine Äußerung als Kompliment für eine „begehrenswerte“ Frau verbrämt und damit erfolglos versucht, ins Gegenteil zu verkehren (Schreiben des Beklagten vom 24.01.2020, S. 3, Anlage MK 5, Bl. 34 d. A.).

b) Die Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin kann auch nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden. Zur Genugtuung genügt insbesondere nicht die in Ziff. I. tenorierte Unterlassung der streitgegenständlichen Äußerung. Hierbei berücksichtigt das Gericht, dass die Äußerung öffentlich und für jedermann einsehbar auf dem sozialen Netzwerk Facebook ohne einen erkennbaren Sachbezug erfolgt ist und daher mit einem besonders hohen Genugtuungsinteresse der Klägerin einhergeht. Die durch den Beklagten gewährte Verbreitungsform führt zwangsläufig dazu, dass die Klägerin – auch nach Entfernung der streitgegenständlichen Äußerung – nicht mit zumutbaren Aufwand kontrollieren kann, wem die Diffamierung ihrer Person bekannt geworden ist und wie sie weiterverbreitet wurde. Darüber hinaus vermag ein Unterlassungstitel in Fällen derart schwerer Angriffe, die sich gegen die Grundlagen der Persönlichkeit richten, die Beeinträchtigung des Betroffenen nicht hinreichend auszugleichen (vgl. z.B. BGH NJW 2014, 2029 Rn. 43).

c) Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ist die der Klägerin zustehende Geldentschädigung gemäß § 287 ZPO wie beantragt auf 6.000,00 Euro festzusetzen. Für die Höhe der Geldentschädigung sind neben der Art und Intention der Tatausführung insbesondere die Folgen dieser Handlung für die Klägerin von Bedeutung. Auch hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin besonders schwer in ihrer persönlichen Ehre und ihrem sexuellen Selbstbestimmungsrecht verletzt wurde. Die Äußerung des Beklagten erfolgte öffentlich für jedermann einsehbar in dem sozialen Netzwerk Facebook ohne einen irgendwie gearteten sachlichen Kontext und diente allein der Diffamierung der Klägerin. Ferner muss von der Höhe der Geldentschädigung eine präventive und verhaltenssteuernde Wirkung ausgehen (vgl. z.B. BGH GRUR 2014, 693 Rn. 38 m.w.N. – Sächsische Korruptionsaffäre). Der Beklagte muss erkennen, dass sich die offensichtlich unzulässigen, schweren Verletzungen des Persönlichkeitsrechts der Klägerin nicht lohnen. Eine zu niedrige Bemessung der Höhe der Geldentschädigung würde den Beklagten in seinem rechtswidrigen Verhalten bestärken. Das Erwiderungsschreiben ließ auch erkennen, dass es dem Beklagten an Einsicht und Unrechtsbewusstsein mangelt (Schreiben des Beklagten vom 24.01.2020, S. 3, Anlage MK 5, Bl. 34 d. A.). Die festgesetzte Höhe entspricht der in anderen Fällen gleichartiger Persönlichkeitsverletzungen gewährten Geldentschädigung (siehe zum Beispiel LG Berlin ZUM-RD 2012, 94: 10.000,00 Euro für eine Ehrverletzung durch besonders schwere Beleidigungen in öffentlichen Auftritten und im Internet; LG Berlin ZUM 2012, 997: 8.000,00 Euro für eine Ehrverletzung durch bewusst extrem bösartige Schmähkritik auf Facebook, Twitter und MySpace; LG Hannover ZUM 2006, 574: 6.000,00 Euro für eine Ehrverletzung im Rahmen einer Fernsehshow).

d) Der Anspruch auf Verzugszinsen auf den zugesprochenen Betrag folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB, weil der Beklagte der anwaltlichen Aufforderung zur Zahlung der Geldentschädigung von mindestens 15.000,00 Euro vom 12.03.2020 nicht bis zum 26.03.2020 nachgekommen ist.

III. Die Klägerin kann auch für die Geltendmachung vorgerichtlicher Anwaltskosten Ersatz verlangen gemäß §§ 677, 683, 670 BGB bzw. gemäß §§ 823 Abs. 1, 249 BGB. […]”

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