Unterlassungsanspruch gegen RTL – Filmaufnahmen durften nicht verbreitet werden

Vor dem Landgericht Frankfurt am Main konnten wir einen Erfolg für unseren Mandanten erzielen. Dabei ging es um eine identifizierende Berichterstattung im Rahmen einer Gerichtsverhandlung. Die angefertigten Bildaufnahmen wurden durch RTL in der Sendung Explosiv veröffentlicht und auch online zum Abruf bereitgehalten.

Identifizierende Berichterstattung vor Gerichtsverhandlung

 

Unser Mandant verbüßt aktuell eine Haftstrafe. Zwischenzeitlich musste er sich in einem anderen Verfahren vor Gericht verantworten. Die Verhandlung vor diesem Gericht fand in einem provisorischen Gerichtssaal, welcher aus einem Zelt besteht, statt. RTL filmte unseren Mandanten, als er unmittelbar vor dem Gerichtstermin aus einem Polizeifahrzeug, welches dem Gefangenentransport diente, stieg. Dabei hielt sich das Filmteam in einem der Presse unzugänglichen Außenbereich auf.

Erfolg im einstweiligen Verfügungsverfahren

 

Die Media Kanzlei war bereits im einstweiligen Verfügungsverfahren gegen die streitgegenständliche Berichterstattung erfolgreich.

Da die Gegenseite jedoch keine Abschlusserklärung abgab und somit eine Sicherung der Ansprüche im Wege des Hauptsacheverfahrens erforderlich war, erhoben wir für unseren Mandanten nun Klage vor dem Landgericht Frankfurt am Main. Dabei wurde insbesondere die Unterlassung der Berichterstattung durch uns beantragt.

Landgericht Frankfurt bestätigt Unterlassungsanspruch

 

Landgericht Frankfurt am Main gab unserem Mandanten nun Recht und bestätigte den geltend gemachten Unterlassungsanspruch.

Dabei hatte das Gericht unter anderem zu klären, ob es sich bei den streitgegenständlichen Bildern, um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne des § 23 Abs.1 Nr.1 KUG handelte. Bereits die Feststellung, ob es sich um ein solches Bildnis der Zeitgeschichte handelt, bedarf einer Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich den Interessen der Presse aus Art.5 Abs.1 GG, Art.10 Abs.1 EMRK und den Rechten des Betroffenen aus Art.1 Abs. 1, Art.2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK.

Zu berücksichtigen sind dabei insbesondere die Umstände des Einzelfalls. Im vorliegenden Fall waren verschiedene Dinge zu berücksichtigen: Zum einen gehört die Berichterstattung über Gerichtsverfahren grundsätzlich zu Vorgängen der Zeitgeschichte, an denen die Öffentlichkeit ein grundsätzliches Informationsinteresse besitzt. Auf der anderen Seite sind jedoch gerade öffentlichkeitswirksame Berichte über Strafverfahren ein empfindlicher Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen, da dieser ein dem Persönlichkeitsrecht zugrunde liegendes Interesse daran hat, sich nach Verbüßung seiner Strafe wieder in die Gesellschaft einzugliedern und zu resozialisieren. Dabei können entsprechende weitreichende Beiträge, welche den Betroffenen identifizierend darstellen, überaus hinderlich sein.

Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass es sich bei der streitgegenständlichen Berichterstattung um ein Bildnis der Zeitgeschichte handelt im Sinne des § 23 Abs.1 Nr.1 KUG.

Verletzung berechtigter Interessen des Betroffenen

 

Allerdings ist eine Berichterstattung nicht zwangsläufig zulässig nur weil sie ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte darstellt. Vielmehr dürfen Bildnisse nicht verbreitet werden, wenn die Verbreitung ein berechtigtes Interesse des Betroffenen verletzt, § 23 Abs.2 KUG.

Hier führte das Gericht richtigerweise aus, dass den verbreiteten Bildern ein über die bloße Identifizierung hinausgehender Verletzungsgehalt innewohnt, weil unser Mandant in der konkreten Situation davon ausgehen durfte, dass er nicht in Medien abgebildet wird. Dies ergibt sich daraus, dass die Aufnahmen in einem für die Presse eigentlich unzugänglichem Bereich aufgenommen wurden. Die Einrichtung eines solchen Bereiches dient nämlich neben der Gewährleistung eines störungsfreien Verfahrensablaufes eben auch dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Angeklagten.

Begrüßenswert in diesem Verfahren war insbesondere folgende Argumentation des Gerichtes: Das unser Mandant im Wege eines Gefangenentransportes zur Verhandlung gebracht wurde, stärkt keineswegs das Recht, eine identifizierende Berichterstattung zu verbreiten, sondern wird ganz im Gegenteil dadurch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen gestärkt, da dieser nicht frei in seiner Entscheidung ist, wann und wie er zur Verhandlung erscheint und somit den Vertretern der Medien schutzlos ausgeliefert ist.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Spezialisten für Presserecht

Die Anwältinnen und Anwälte der Media Kanzlei sind unter anderem auf Fragestellungen im Bereich des Presserechts spezialisiert. Melden Sie sich diesbezüglich gerne bei uns!

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